Man erfährt in der Autobiographie viele Hintergrundinformationen zu den ursprünglichen Freimaurerlogen. Gorissen beschreibt zum Beispiel die Entwicklung von einer öffentlichen Organisation bis hin zu den Geheimbünden.
Ähnlich wie bei den Templern, Illuminaten oder anderen Geheimorganisationen waren auch die Freimaurer anfänglich eine öffentliche Institution, welche grosses Ansehen in der Gesellschaft genoss. Doch durch politische Machtwechsel kamen teilweise ein Druckkonstrukt zustande, welches diese Organisationen verpflichtete in den Untergrund abzutauchen. Bei den Templern und den Illuminaten war der Klerus der ausschlagende Faktor. Bei den Freimaurern jedoch entstand dieser Druck aus einer ganz anderen Richtung: Dem dritten Reich.
Die Macht der Nationalsozialisten Deutschlands wurde so stark, dass verschiedenste Organisationen verboten wurden. So war auch das Freimaurertum eine gefürchtete Organisation, welche die Nazi-Macht untergraben könnte. General Ludendorff war jedoch schon vor dem Nazionalsozialismus strikt anti-freimaurerisch und so entstand folgender Ablauf, welchen ich aus einer Quelle zur Freimaurerei im Nazionalsozialismus gefunden habe:
"Zu Anfang der dreißiger Jahre gab es 80000 Freimaurer in Deutschland, also mehr als viermal so viel wie heute. Sie waren zunächst nicht durch die Nationalsozialisten, sondern vor allem durch den General Erich Luddendorf und dessen Ehefrau Mathilde bedroht. 1927 verfasste er eine Schrift "Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse", in der er alle Register des Rassenwahns, der Spekulation und des Aberglaubens zog.
Diese brisante weltanschauliche Mischung fiel im Zuge der Wirtschaftskrise auf fruchtbaren Boden. Ludendorff entlarvte geheime Drahtzieher hinter den Kulissen als wahre Schuldige für die Misere, sprach von einer internationalen Verschwörung von Juden, Kommunisten und Freimaurern. Man kannte die "Verantwortlichen" nicht, aber wenn ein leibhaftiger General, behängt mit den Symbolen der Obrigkeit, behauptete, die Bösen steckten alle unter einer Decke und würden ausserdem von den noch geheimnisvolleren Weisen aus Zion angestiftet, musste etwas dran sein. Das Buch erlebte einige Auflagen, und die Presse beschäftigte sich begierig mit den obskuren Anschuldigungen.
Bald erkannten die faschistischen Führer, dass sich die Hetztiraden Ludendorffs ausnutzen ließen. Viele Logen machten den Fehler, denen da oben zu trauen. Sie hielten sich gegenüber der beginnenden Hetze bedeckt, ja biederten sich der nationalsozialistischen Herrschaft an. Ihr Motto, Politik müsse aus der Freimaurerei herausgehalten werden, hatte groteske Folgen. So musste zum Beispiel der konservative Grossmeister der Großen National Mutterloge, der Pfarrer K. Habicht, seinen Posten räumen. An dessen Stelle wurde ein glühender Nazi und persönlicher Bekannter Hitlers, Otto Bordes, zu seinem Nachfolger gewählt.
Am 21.3.1933, dem Tag von Potsdam, drei Tage vor dem Ermächtigungsgesetz, das dem nationalsozialistischen Regime gegen seine Gegner frei Hand ließ, schickten die sächsische Großlogen ein Telegramm an Hitler, Hindenburg, Frick und Goebbels: "Die Große Landesloge der Freimaurer von Sachsen begrüsst am heutigen Weihetage die nationale Erhebung des deutschen Volkes und Vaterlandes. sie gelobt in christlicher-nationaler Pflichttreue, wie bisher, im Geiste ihres Bruders Friedrichs des Großen mit der Reichsregierung zu arbeiten für Deutschlands Ehre und Größe, in Einigkeit und Freiheit. Den Allmächtigen bitten wir, das neue Reich segnen zu wollen." Die drei altpreussischen Logen eigerten dem Geist der Ergebenheitsadresse mit ähnlichem Wortlaut nach.
Helmut Neuberger, der die dunkle Zeit, wie der Nationalsozialismus von den Freimaurern wolkig umschrieben wird, detailliert erforscht hat, schränkt ein: "Die Taktik der nationalen Logen, durch weitgehende ideologische Anpassung an den Nationalsozialismus und Erfüllung dessen antimaurerischer Forderungen der drohenden Auflösung zu entgehen, war freilich auch innerhalb der altpreussischen Großlogen nicht unumstritten."(1)
Der Appell der Logenbrüder an die Herrschenden, doch das eigene Wohlverhalten zu honorieren und vernünftig zu sein, fruchtete wie immer nicht. Bis 1935 wurden die deutschen Freimaurer gezwungen, ihre Logen zu schliessen und alle Vereine auszulösen. Die Nazis erreichten das mit der bekannten Taktik von Regierungen, die sich missliebiger Gruppen entledigen wollen. Terror, Verhaftungen, Deportationen und scheinbar rechtsstaatlichem Verhalten. Liquidatoren wurden beauftragt, sich um das beträchtliche Vermögen der Logen zu kümmern, es kam sogar zu formellen Kaufverträgen, durch die der freimaurerische Besitz staatlichen Institutionen übertragen wurde. Einzelne, die Widerstand leisteten wie Wilhelm Leuschner, kamen ins Konzentrationslager und wurden ermordet.
General Ludendorff starb 1937, doch seine Wahnideen von der freimaurerischen Weltverschwörung und ihren finsteren Geheimnissen bliebenpräsent. In einem Wörterbuch der deutschen Volkskunde aus dem Jahr 1936 hieß es: "Jedes Jahr muß ein Freimaurer geopfert werden...ein Freimaurer, dessen Todeslos gezogen ist, kann sich durch Tötung eines unschuldigen Kindes oder Dienstmädchens oder eines lieben Verwandten befreien." Das Buch wurde 1957 ohne Korrekturen neu aufgelegt. "
Diese Freimaurerdiskriminierung hatte die Folge, dass sich die Logenmitglieder nun im Geheimen treffen mussten, wodurch auch das Freimaurertum zu einer verschwörerischen Untergrundorganisation wurde.
Quelle:
http://www.allmystery.de/themen/gg32833-851
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Vorwort * "Ich war Freimaurer" von Burkhardt Gorissen
Bücher über Freimaurerei sind nichts ungewöhnliches, davon gibt es etliche, die in Bibliotheken verstauben. Entweder handelt es sich um Jubelarien (von Freimaurern selbst), freundliche wissenschaftliche Betrachtungen (von der Freimaurerei unterstützt) oder sogenannte Verräterbücher und Verschwörungstheorien. Letztere sind besonders beliebt, weil sie sich wie Reality-Krimis lesen. Der Autor bewegt sich damit auf sicherem Terrain. Er erreicht einen schon im voraus festgelegten Fankreis und kann im Reich des Spekulativen Luftschlösser bauen. Die Freimaurer halten nur halbherzig dagegen. Seit Jahrhunderten leben sie gut von Geheimniskrämerei und öffentlicher Spekulation. Bücher wie „Illuminati" oder „Sakrileg" sorgen für Publicity, und die wiederum bringt neue Mitglieder. Ihre Hochzeit hat die Freimaurerei längst hinter sich, die Mitgliederzahl ist stark rückläufig, die Logen sind überaltert. Der Altersdurchschnitt liegt im Mittel bei 62 Jahren, die Freimaurer schönen ihrerseits diese Zahl. Inzwischen unternimmt man viel, um die „diskrete Gesellschaft" populärer zu machen. Öffentliche Gross-Veranstaltungen wie der „Kulturpreis der Deutschen Freimaurer" sollen dazu beitragen. An ihrem Status ändert das wenig. Das dunkle Geheimnis dieser Bruderschaft bleibt. Einerseits steht sie da, als geschichtliche Grösse, andererseits als Club, über dessen Existenz viele erstaunt sind. Das Urteil über die Freimaurerei fällt entsprechend zweischneidig aus: Weltverschwörer oder Biedermänner? Wer die deutschen Logen und Grosslogen von innen kennt, wird zu Recht daran zweifeln, dass ein Verein, in dem wohlmeinendes Kleinbürgertum und die Jagd nach Posten, Anerkennung und Orden vorrangig sind, die Geschicke der Welt lenkt. Wir sprechen hier, um keinen Irrtum aufkommen zu lassen, von der Freimaurerei, die für jedermann zugänglich ist. Diese wäre ja nur dann geheim, wenn sie weder im Telefonbuch zu finden wäre, noch in Internet-Auftritten bunte Bildchen von ihren Tempeln präsentierte oder öffentliche Informationsabende veranstaltete. Wie könnte eine wirklich einflussreiche Persönlichkeit in einer solchen Gesellschaft ohne Wissen der Öffentlichkeit tätig sein?
Freimaurer kokettieren gern mit ihrer obskuren Vergangenheit und bezeichnen sich als „Gesellschaft, die ein Geheimnis hat", oder reden von der „Verschwörung zum Guten". Gern genommen wird auch die Bezeichnung „Kinder der Aufklärung". Gemeint ist damit der hochtrabende Anspruch, den Menschen „von der Last der Vorurteile" zu befreien, wie es in einem Ritualtext heisst. Doch die Misere der Gegenwart bestand nicht immer. Untersucht man die historische Bedeutung dieser Gruppierung, muss von einer einflussreichen Gesellschaft gesprochen werden. Freimaurer wie Washington, Voltaire, Rousseau, Danton, Robespierre, Friedrich der Grosse, Goethe, Mozart, Rathenau, Stresemann und andere Grössen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur gehörten zu den einflussreichsten Figuren ihrer Zeit. Die Liste der Prominenten ist lang und liest sich wie ein „Who's who" der Weltgeschichte. In Freimaurerkreisen ist man in einer Zeit des Mangels stolz auf diese Tradition. Nach wie vor fühlt man sich als Elite, obwohl selbst Promis der B- und C-Kategorie in den eigenen Reihen seltener sind als weisse Raben. Ob und inwieweit früher in Logen grosse Politik gemacht wurde, lässt sich im nachhinein nicht zweifelsfrei feststellen. Dennoch ist wahrscheinlich, dass beispielsweise die freimaurerischen Väter der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung nach ihren Tempelarbeiten kaum über das Wetter oder die Goldlitzen an ihren Ordensbändern gesprochen haben. Ebenso darf man davon ausgehen, dass sich die Mächtigen dieser Welt immer in Einflusszirkeln getroffen haben und treffen, zu denen Normalbürger keinen Zutritt finden. Ein solcher Zirkel ist dann wirklich eine völlig geheime Gesellschaft. Die Verschwörungsakrobaten aller Länder und Zungen könnten sich in alle Himmelsrichtungen verrenken, ohne nur einen Hauch davon mitzubekommen. Nein, es lässt sich nicht von der Hand weisen, die Freimaurerei der früheren Jahrhunderte besass den Charme und Charakter einer wirklichen Geheimgesellschaft. Beides haben die Logen, die landläufig nahezu alle als eingetragene Vereine fungieren, längst eingebüsst. Sie sind nicht einmal der Soufflierkasten des grossen Welttheaters. Natürlich machen sie sich schön und verbreiten ihr Humanitätsvokabular in Zeitungsannoncen oder lassen sich in Wissenschaftsmagazinen als „diskrete Gesellschaft" abfeiern. Geheimniskrämerei macht interessant. Und ist nicht doch ein Körnchen Wahrheit daran? Stimmt es nicht, dass der italienische Freimaurerbund den Papst stürzen wollte? Dass die Freimaurerei Säkularisierung und Laizismus will und relativistische Forderungen durchsetzt? Dass die italienische Geheimloge P2 nicht nur freimaurerische Rituale, sondern auch ihre verbrecherischen Geschäfte - bis hin zum Mord - durchgeführt hat? Es stimmt. Auch wenn jeder Freimaurer bei diesen Fragen ins Schlingern gerät und mit absurden Erklärungen aufwartet wie: Loge und Freimaurer seien keine geschützte Begriffe. Die Freimaurerei hält sich heilig. Interessant bleibt, weshalb diese Bruderschaft heute im Niemandsland der Geschichte vor sich hindümpelt. Ich meine, das ist leicht zu erklären: Der „Geist der Macht" hat sich aus der Freimaurerei zurückgezogen. Übrig blieb eine Larve, jene sichtbare, heute für jedermann zugängliche Maçonnerie. Verschwörungstheoretiker würden sagen: perfekte Tarnung. Vielleicht.
Der Aussenstehende besitzt nichts anderes als seine Kenntnisse von niedergeschriebenen Berichten und Zitate von Zitaten von Zitaten. Fassen lässt sich nur, was einem selbst wiederfährt. Nur wer selbst als Suchender mit verbundenen Augen in den Tempel geführt oder aus dem Sarg erhoben worden ist, weiss, wie das ist. Nur wer selbst beim Eintritt in den 30. Grad die Säulen-Pforte umgekippt hat, um, wie es im Ritualtext heisst, symbolisch zu erfahren, dass jede Form der Religion und Philosophie zusammenbrechen wird, weiss, wie das ist. Erst, wer im 32. Grad sieht, wie die Bilder von Zarathustra, Buddha, Sokrates, Mohammed und Jesus beliebig nebeneinandergestellt werden, spürt etwas von der freimaurerischen Diktatur des Relativismus. Sagen lässt sich nur, was man mit eigenen Augen gesehen, am eigenen Leib erfahren und getan hat, als man in dieser Welt war. Das alles lag auf meinem Weg, das alles habe ich beschrieben. Mein Hauptaugenmerk galt meiner Bekehrung zu Jesus Christus. Freimaurerei spielt nur insoweit eine Rolle, als ich als Grossredner der grössten deutschen Grossloge, der „Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland", diese Freimaurerei in Reden, Referaten und Artikeln präsentiert und repräsentiert habe und als Hochgradfreimaurer in jene vermeintlich geheimnisumwitterte Welt eingetaucht bin, die sich bei näherer Betrachtung als Banalitätenkabinett und Jahrmarkt der Eitelkeiten entlarvte. Dass die meisten meiner ehemaligen Brüder meinen Schritt zu Gott hin kaum nachvollziehen können, habe ich anhand der Reaktionen gemerkt, die nach meinem Austritt erfolgten. „Willst du jetzt Weihwasser trinken?" „Willst du dich kastrieren lassen?" „Kirche ist Mittelalter." Diese Aussagen gab es. In der Mehrzahl waren sie nicht. Es gab viele Anrufe, E-Mails und Briefe, Rückholaktionen, freundliche Überredungsversuche, ernste Mahnungen. Ein anonymer Anruf hat mich kurzzeitig etwas stutzig gemacht: „Den Verrat liebt man, aber nicht den Verräter. Du weisst, was mit Verrätern passiert?" Wir werden später noch auf den Freimaurerischen Eid zu sprechen kommen, in dem der Aufgenommene gelobt, sich eher die Kehle durchzuschneiden, als Verrat zu üben. Für einige Freimaurer, deren Denken bedauerlicherweise in recht überschaubaren Bahnen verläuft, wird alles zum Verrat, was nicht nach Propagandschaft klingt. Ins Schwanken bringen konnte mich das alles nicht. Dieses Buch ist kein Verräter-, sondern ein Bekenntnisbuch. Insofern hoffe ich, dass nicht nur viele meiner ehemaligen Brüder meinen Weg zu Jesus Christus akzeptieren, sondern ihm folgen. Was für mich galt, gilt auch für andere: Das wahre Licht wird erst sichtbar durch tiefe Gotteserfahrung. Das ist, was ich jedem wünsche, der sich auf einem Irrweg befindet.
Insofern ist dieses Buch eine intensive Auseinandersetzung mit der Freimaurerei, wie sie von seiten der Brüder immer gefordert wird. Eine Auseinandersetzung kann man allerdings nur dann führen, wenn alle Parteien offen sind und nicht unter Massgabe unsinniger Arkana Geheimnistuerei betreiben. Damit, dass Aussenstehende mehr über die Freimaurerei sagen dürften als die Freimaurer selbst, kokettieren verschiedene Grossmeister seit Jahren. Warum sagt man es nicht selbst? Vielleicht, weil man von den Verschwörungstheorien profitiert? Dabei wäre es für einen Enthüllungsjournalisten furchtbar einfach, sich Zugang zu einem Freimaurereitempel zu beschaffen. Wie, zeigt das Kapitel „Der Do-it-yourself-Freimaurer".
Ganz sicher ist die Freimaurerei längst nicht so wichtig, wie sie sich selber nimmt. Als Hans Küng 2007 beim Kölner Grosslogentreffen den Kulturpreis der Deutschen Freimaurer verliehen bekam, bequemte sich gerade mal die dritte Garde der Lokalpolitik zur Preisverleihung. Landes- oder gar Bundespolitiker hielten sich weit entfernt von der Hinterhofbühne der Freimaurerei. Die Presse war nur spärlich vertreten, das Fernsehen überhaupt nicht. Ähnlich verhält es sich bei allen freimaurerischen Kulturveranstaltungen, Ausstellungen, Rezitations- oder Liederabenden. Jede Vernissage einer Vorstadtsparkasse stösst auf breitere Resonanz. Dennoch hält sie viel von sich: „Als diesseitsorientierte Freundschaftsbünde mit primär ethischer Zielsetzung sind Logen und Grossloge keine Religionsgemeinschaften und bieten folglich auch keinen Ersatz für Religion an." Phrasendrusch dieser Art findet man zuhauf auf der offiziellen Website der Grossloge der „Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland". Er wird von unzähligen Freimaurermündern unhinterfragt wiedergekäut. Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Freimaurerei entgegen ihrer landläufig bekannten Propaganda sehr wohl religiöse Wurzeln hat und durchaus Dogmen kennt.
Abgesehen davon, dass die Freimaurerei sich wie ein Chamäleon ins Schaufenster der Weltgeschichte stellt, wirken ihre Selbstdarsteller mitunter grotesk. So sieht der Grossmeister der Vereinten Grosslogen auf der Homepage aus wie ein Büsser, dem die Aura verrutscht ist. Seine grinsende Gestalt ist umhüllt von gleissendem Licht. Ein schlecht nachgeahmtes Heiligenbild. Bruder Tucholsky hätte für derartig offen zur Schau getragenen Biedersinn nicht einmal ein Spottgedicht übrig gehabt.
Wenn der Satz stimmt, dass viele Wege nach Rom führen, führte meiner über die Freimaurerei. Damit verbunden etliche Irrwege. Vielleicht kann dieses Buch Entscheidungshilfe zur Selbstfindung sein, nach der viele Menschen heute suchen. Der Mystiker Angelus Silesius drückt das in einem knappen Vers so aus: „Mensch, werde wesentlich, denn wenn die Welt vergeht, so fällt der Zufall weg, das Wesen, das besteht." Diese göttliche Sentenz beschäftigt mich, seit ich sie mit 14 in einem Lesebuch las. Jahrzehnte später hörte ich sie im Meisterritual. Die geheime Bruderschaft, die in all ihren Irrtümern, Nachbildungen und Verballhornungen auch diesen Spruch für sich ausbeutet, führt leider nicht zu höherer Erkenntnis. Der Suchende erlebt nichts ausser bitteren Enttäuschungen. Immer wieder betritt er einen leeren Raum - begleitet von geheimen Meistern, die zwar keine Gold-, dafür aber Sprüchemacher sind. Schwer wiegt hingegen Lessings Spruch: „Freimaurerei war immer". Doch den Weg zum persönlichen Heil bietet dieser Club der toten Dichter nicht. Eine Umkehr, die Freimaurer mit Verweis auf „ihren" Johannes den Täufer gerne anführen, ist undenkbar. Metanoia im christlichen Sinn meint auch etwas anderes: den Aufbruch zu einem radikalen und totalen Bewusstseinswandel. Davon möchte ich berichten.
Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes habe ich die Namen abgeändert, bis auf diejenigen, die in der Öffentlichkeit bekannt sind. Verschweigen will ich nicht, dass die Trennung von der Freimaurerei sowie das Schreiben dieses Buches zähes Ringen erforderte und die Kraft des Gebets. Deshalb will ich an dieser Stelle besonders all jenen danken, die für mich gebetet haben.
Freimaurer kokettieren gern mit ihrer obskuren Vergangenheit und bezeichnen sich als „Gesellschaft, die ein Geheimnis hat", oder reden von der „Verschwörung zum Guten". Gern genommen wird auch die Bezeichnung „Kinder der Aufklärung". Gemeint ist damit der hochtrabende Anspruch, den Menschen „von der Last der Vorurteile" zu befreien, wie es in einem Ritualtext heisst. Doch die Misere der Gegenwart bestand nicht immer. Untersucht man die historische Bedeutung dieser Gruppierung, muss von einer einflussreichen Gesellschaft gesprochen werden. Freimaurer wie Washington, Voltaire, Rousseau, Danton, Robespierre, Friedrich der Grosse, Goethe, Mozart, Rathenau, Stresemann und andere Grössen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur gehörten zu den einflussreichsten Figuren ihrer Zeit. Die Liste der Prominenten ist lang und liest sich wie ein „Who's who" der Weltgeschichte. In Freimaurerkreisen ist man in einer Zeit des Mangels stolz auf diese Tradition. Nach wie vor fühlt man sich als Elite, obwohl selbst Promis der B- und C-Kategorie in den eigenen Reihen seltener sind als weisse Raben. Ob und inwieweit früher in Logen grosse Politik gemacht wurde, lässt sich im nachhinein nicht zweifelsfrei feststellen. Dennoch ist wahrscheinlich, dass beispielsweise die freimaurerischen Väter der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung nach ihren Tempelarbeiten kaum über das Wetter oder die Goldlitzen an ihren Ordensbändern gesprochen haben. Ebenso darf man davon ausgehen, dass sich die Mächtigen dieser Welt immer in Einflusszirkeln getroffen haben und treffen, zu denen Normalbürger keinen Zutritt finden. Ein solcher Zirkel ist dann wirklich eine völlig geheime Gesellschaft. Die Verschwörungsakrobaten aller Länder und Zungen könnten sich in alle Himmelsrichtungen verrenken, ohne nur einen Hauch davon mitzubekommen. Nein, es lässt sich nicht von der Hand weisen, die Freimaurerei der früheren Jahrhunderte besass den Charme und Charakter einer wirklichen Geheimgesellschaft. Beides haben die Logen, die landläufig nahezu alle als eingetragene Vereine fungieren, längst eingebüsst. Sie sind nicht einmal der Soufflierkasten des grossen Welttheaters. Natürlich machen sie sich schön und verbreiten ihr Humanitätsvokabular in Zeitungsannoncen oder lassen sich in Wissenschaftsmagazinen als „diskrete Gesellschaft" abfeiern. Geheimniskrämerei macht interessant. Und ist nicht doch ein Körnchen Wahrheit daran? Stimmt es nicht, dass der italienische Freimaurerbund den Papst stürzen wollte? Dass die Freimaurerei Säkularisierung und Laizismus will und relativistische Forderungen durchsetzt? Dass die italienische Geheimloge P2 nicht nur freimaurerische Rituale, sondern auch ihre verbrecherischen Geschäfte - bis hin zum Mord - durchgeführt hat? Es stimmt. Auch wenn jeder Freimaurer bei diesen Fragen ins Schlingern gerät und mit absurden Erklärungen aufwartet wie: Loge und Freimaurer seien keine geschützte Begriffe. Die Freimaurerei hält sich heilig. Interessant bleibt, weshalb diese Bruderschaft heute im Niemandsland der Geschichte vor sich hindümpelt. Ich meine, das ist leicht zu erklären: Der „Geist der Macht" hat sich aus der Freimaurerei zurückgezogen. Übrig blieb eine Larve, jene sichtbare, heute für jedermann zugängliche Maçonnerie. Verschwörungstheoretiker würden sagen: perfekte Tarnung. Vielleicht.
Der Aussenstehende besitzt nichts anderes als seine Kenntnisse von niedergeschriebenen Berichten und Zitate von Zitaten von Zitaten. Fassen lässt sich nur, was einem selbst wiederfährt. Nur wer selbst als Suchender mit verbundenen Augen in den Tempel geführt oder aus dem Sarg erhoben worden ist, weiss, wie das ist. Nur wer selbst beim Eintritt in den 30. Grad die Säulen-Pforte umgekippt hat, um, wie es im Ritualtext heisst, symbolisch zu erfahren, dass jede Form der Religion und Philosophie zusammenbrechen wird, weiss, wie das ist. Erst, wer im 32. Grad sieht, wie die Bilder von Zarathustra, Buddha, Sokrates, Mohammed und Jesus beliebig nebeneinandergestellt werden, spürt etwas von der freimaurerischen Diktatur des Relativismus. Sagen lässt sich nur, was man mit eigenen Augen gesehen, am eigenen Leib erfahren und getan hat, als man in dieser Welt war. Das alles lag auf meinem Weg, das alles habe ich beschrieben. Mein Hauptaugenmerk galt meiner Bekehrung zu Jesus Christus. Freimaurerei spielt nur insoweit eine Rolle, als ich als Grossredner der grössten deutschen Grossloge, der „Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland", diese Freimaurerei in Reden, Referaten und Artikeln präsentiert und repräsentiert habe und als Hochgradfreimaurer in jene vermeintlich geheimnisumwitterte Welt eingetaucht bin, die sich bei näherer Betrachtung als Banalitätenkabinett und Jahrmarkt der Eitelkeiten entlarvte. Dass die meisten meiner ehemaligen Brüder meinen Schritt zu Gott hin kaum nachvollziehen können, habe ich anhand der Reaktionen gemerkt, die nach meinem Austritt erfolgten. „Willst du jetzt Weihwasser trinken?" „Willst du dich kastrieren lassen?" „Kirche ist Mittelalter." Diese Aussagen gab es. In der Mehrzahl waren sie nicht. Es gab viele Anrufe, E-Mails und Briefe, Rückholaktionen, freundliche Überredungsversuche, ernste Mahnungen. Ein anonymer Anruf hat mich kurzzeitig etwas stutzig gemacht: „Den Verrat liebt man, aber nicht den Verräter. Du weisst, was mit Verrätern passiert?" Wir werden später noch auf den Freimaurerischen Eid zu sprechen kommen, in dem der Aufgenommene gelobt, sich eher die Kehle durchzuschneiden, als Verrat zu üben. Für einige Freimaurer, deren Denken bedauerlicherweise in recht überschaubaren Bahnen verläuft, wird alles zum Verrat, was nicht nach Propagandschaft klingt. Ins Schwanken bringen konnte mich das alles nicht. Dieses Buch ist kein Verräter-, sondern ein Bekenntnisbuch. Insofern hoffe ich, dass nicht nur viele meiner ehemaligen Brüder meinen Weg zu Jesus Christus akzeptieren, sondern ihm folgen. Was für mich galt, gilt auch für andere: Das wahre Licht wird erst sichtbar durch tiefe Gotteserfahrung. Das ist, was ich jedem wünsche, der sich auf einem Irrweg befindet.
Insofern ist dieses Buch eine intensive Auseinandersetzung mit der Freimaurerei, wie sie von seiten der Brüder immer gefordert wird. Eine Auseinandersetzung kann man allerdings nur dann führen, wenn alle Parteien offen sind und nicht unter Massgabe unsinniger Arkana Geheimnistuerei betreiben. Damit, dass Aussenstehende mehr über die Freimaurerei sagen dürften als die Freimaurer selbst, kokettieren verschiedene Grossmeister seit Jahren. Warum sagt man es nicht selbst? Vielleicht, weil man von den Verschwörungstheorien profitiert? Dabei wäre es für einen Enthüllungsjournalisten furchtbar einfach, sich Zugang zu einem Freimaurereitempel zu beschaffen. Wie, zeigt das Kapitel „Der Do-it-yourself-Freimaurer".
Ganz sicher ist die Freimaurerei längst nicht so wichtig, wie sie sich selber nimmt. Als Hans Küng 2007 beim Kölner Grosslogentreffen den Kulturpreis der Deutschen Freimaurer verliehen bekam, bequemte sich gerade mal die dritte Garde der Lokalpolitik zur Preisverleihung. Landes- oder gar Bundespolitiker hielten sich weit entfernt von der Hinterhofbühne der Freimaurerei. Die Presse war nur spärlich vertreten, das Fernsehen überhaupt nicht. Ähnlich verhält es sich bei allen freimaurerischen Kulturveranstaltungen, Ausstellungen, Rezitations- oder Liederabenden. Jede Vernissage einer Vorstadtsparkasse stösst auf breitere Resonanz. Dennoch hält sie viel von sich: „Als diesseitsorientierte Freundschaftsbünde mit primär ethischer Zielsetzung sind Logen und Grossloge keine Religionsgemeinschaften und bieten folglich auch keinen Ersatz für Religion an." Phrasendrusch dieser Art findet man zuhauf auf der offiziellen Website der Grossloge der „Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland". Er wird von unzähligen Freimaurermündern unhinterfragt wiedergekäut. Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Freimaurerei entgegen ihrer landläufig bekannten Propaganda sehr wohl religiöse Wurzeln hat und durchaus Dogmen kennt.
Abgesehen davon, dass die Freimaurerei sich wie ein Chamäleon ins Schaufenster der Weltgeschichte stellt, wirken ihre Selbstdarsteller mitunter grotesk. So sieht der Grossmeister der Vereinten Grosslogen auf der Homepage aus wie ein Büsser, dem die Aura verrutscht ist. Seine grinsende Gestalt ist umhüllt von gleissendem Licht. Ein schlecht nachgeahmtes Heiligenbild. Bruder Tucholsky hätte für derartig offen zur Schau getragenen Biedersinn nicht einmal ein Spottgedicht übrig gehabt.
Wenn der Satz stimmt, dass viele Wege nach Rom führen, führte meiner über die Freimaurerei. Damit verbunden etliche Irrwege. Vielleicht kann dieses Buch Entscheidungshilfe zur Selbstfindung sein, nach der viele Menschen heute suchen. Der Mystiker Angelus Silesius drückt das in einem knappen Vers so aus: „Mensch, werde wesentlich, denn wenn die Welt vergeht, so fällt der Zufall weg, das Wesen, das besteht." Diese göttliche Sentenz beschäftigt mich, seit ich sie mit 14 in einem Lesebuch las. Jahrzehnte später hörte ich sie im Meisterritual. Die geheime Bruderschaft, die in all ihren Irrtümern, Nachbildungen und Verballhornungen auch diesen Spruch für sich ausbeutet, führt leider nicht zu höherer Erkenntnis. Der Suchende erlebt nichts ausser bitteren Enttäuschungen. Immer wieder betritt er einen leeren Raum - begleitet von geheimen Meistern, die zwar keine Gold-, dafür aber Sprüchemacher sind. Schwer wiegt hingegen Lessings Spruch: „Freimaurerei war immer". Doch den Weg zum persönlichen Heil bietet dieser Club der toten Dichter nicht. Eine Umkehr, die Freimaurer mit Verweis auf „ihren" Johannes den Täufer gerne anführen, ist undenkbar. Metanoia im christlichen Sinn meint auch etwas anderes: den Aufbruch zu einem radikalen und totalen Bewusstseinswandel. Davon möchte ich berichten.
Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes habe ich die Namen abgeändert, bis auf diejenigen, die in der Öffentlichkeit bekannt sind. Verschweigen will ich nicht, dass die Trennung von der Freimaurerei sowie das Schreiben dieses Buches zähes Ringen erforderte und die Kraft des Gebets. Deshalb will ich an dieser Stelle besonders all jenen danken, die für mich gebetet haben.
Quelle:
Vorwort: "Ich war Freimaurer" von Burkhardt Gorissen, Weltbild-Verlag
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